HEIZUNG FÜR HERNE
Die Rohstoffe sind eine entscheidende Größe nicht nur in Herne, sondern insgesamt bei Evonik. Die größte Klimalast des gesamten Konzerns steckt in eingekauften Rohstoffen. Doch der zweite große Hebel ist die Energieversorgung. In Deutschland entfällt derzeit rund ein Viertel des industriellen Energieverbrauchs auf die Chemieproduktion. Auch in Herne ist der Energiehunger enorm: Zehn Megawatt Strom zieht der Standort zu Spitzenzeiten bisher aus dem Netz, dazu pro Jahr noch einmal 22 Millionen Kubikmeter Erdgas. Das Erdgas wird zwar überwiegend als Rohstoff eingesetzt, zusammen mit den Rückständen des Werks dient es aber auch zur Energieversorgung.
Konzernweit deckt Evonik bereits 27 Prozent des extern bezogenen Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen, ab 2030 wird Evonik nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen zukaufen. Die Versorgung mit Grünstrom ist das eine, das effiziente Management der eingesetzten Energie das andere. Auch hier legt Herne vor. Dieses Projekt trägt den Namen TORTE („Technische Optionen zur Rückgewinnung Thermischer Energie“): Große Teile seiner Abwärme soll der Standort künftig ins Fernwärmenetz des Energieunternehmens Uniper einspeisen – zunächst genug für rund 1.000 Haushalte.
Dass sich im dicht besiedelten Ruhrgebiet Chemie- und Energiewirtschaft so eng tummeln, hat Vorteile. „Hier soll die Hochtemperaturwärmepumpe stehen“, sagt Stahl und zeigt auf eine Lücke neben den Kühltürmen, an der sich nur wenige Meter entfernt schon heute zwei dick isolierte Fernwärmerohre vorbeischlängeln. SAcHer würde direkt von TORTE profitieren. Dass die Namen sich so treffend fügen, sei Zufall, beteuert Stahl. „Sie sind völlig unabhängig voneinander entstanden, und wir haben erst nach einer Weile gemerkt, wie gut sie zusammenpassen.“ Noch in diesem Jahr startet zudem das Bauprojekt HerMES („Herne Managing Emissions and Sustainability“). Dabei installiert Evonik eine hochmoderne Verbrennungsanlage für Produktionsrückstände.
VON KOHLE ZU GRÜNEM WASSERSTOFF
Die Geschichte des Evonik-Standorts Herne
1872
KOHLEBERGBAU Neben dem Gelände des heutigen Evonik-Werks entsteht Schacht 2 der Zeche Hannibal – eine von elf Zechen in Herne, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Ansiedlung von Industrieunternehmen nach sich ziehen.
1928
GASERZEUGUNG Rund um die Zechen entstehen Industrien zur Koksgasverwertung. Auf dem heutigen Werksgelände entsteht das Stickstoffwerk Hibernia.
1935
SPRIT AUS KOHLE Vor dem Zweiten Weltkrieg übernimmt Krupp das Werk und verlegt sich auf die kohlebasierte Produktion von Teer, Benzin und Paraffin.
1945
ENDE IN RUINEN Nach der Zerstörung durch die Alliierten liegt die Produktion zunächst still; dann werden kurzzeitig Seifenrohstoffe produziert.
1952
DÜNGER UND WACHS In der Nachkriegszeit werden zunächst Paraffine, dann außerdem Ammoniak und Ammoniumsulfat produziert.
1962
NEUES AUS ACETON Erstmals wird in Herne Isophoron auf Basis von Aceton produziert. In den Folgejahren kommen immer mehr Ausbaustufen für neue Folgeprodukte wie Isophorondiamin und Isophorondiisocyanat hinzu.
1979
DER WEG ZU EVONIK Nach mehreren Namens- und Eigentümerwechseln gehört das Werk nun zu den Chemischen Werken Hüls, die später in der Degussa aufgehen, einem direkten Vorgängerunternehmen von Evonik.
1992
EXPORTMODELL In Mobile (Alabama, USA) entsteht ein integrierter Isophoronverbund (I-Chain) nach Herner Vorbild.
2012
AUSBAU IN CHINA Im chinesischen Schanghai baut der im Vorjahr auf den Namen Evonik Industries getaufte Konzern einen Isophoronverbund (I-Chain) – nahezu baugleich zu dem in Herne. Die Produktion startet 2014.
2023
HERNE GREEN DEAL Geplanter Baubeginn für eine Wasserstoffelektrolyse zur Versorgung des Standorts