Auf See weht fast immer ausreichend Wind. Die neueste Generation von Offshore-Kraftwerken bringt es auf Leistungen von mehr als 14 Megawatt.

Auf See weht fast immer ausreichend Wind. Die neueste Generation von Offshore-Kraftwerken bringt es auf Leistungen von mehr als 14 Megawatt.

DIE OFFSHORE-ÄRA

Lesezeit 12 Minuten

Gigantische Windräder vor den Küsten sollen in aller Welt die Energiewende beflügeln. Materialien von Evonik öffnen den Weg zu neuen Dimensionen in der Stromerzeugung.

Erscheinungstermin1. April 2022

TextChristoph Bauer

Christoph Bauer ist Journalist. Er arbeitet in der Kommunika­tionsabteilung von Evonik.

Cold Hawaii“, kaltes Hawaii, so nennen Windsurfer die 55 Kilometer lange norddänische Küste zwischen Hanstholm im Norden und Agger im Süden. Hier im Nationalpark Thy herrscht ein beständiger, kräftiger Westwind, den die Wassersportler lieben. 30 Kilometer östlich liegt ein Hot­spot für Windfans der anderen Art: Im Testzentrum in Østerild stehen sieben gewaltige Windkraftanlagen, die hier für ihren Offshore-Einsatz erprobt werden. Die größte davon, ein Modell von Siemens Gamesa, misst exakt 271,40 Meter und hat die 254 Meter hohe Storebælt-Brücke als höchstes Bauwerk Dänemarks abgelöst. Seit November wird sie für ihren kommerziellen Einsatz ab 2024 vorbereitet.

»Es ist uns gelungen, ein grünes Rotorblatt auf den Markt zu bringen.«

MARTIN GERHARDT, LEITER DES OFFSHORE-WIND-PRODUKT- MANAGEMENTS BEI SIEMENS GAMESA

Die drei Flügel der Rekordhalterin messen jeweils 108 Meter und überstreichen bei jeder Drehung eine Fläche von 39.000 Quadratmetern – das entspricht fast sechs ­Fußballfeldern. „Je größer der Rotor und damit die überstrichene Fläche, desto mehr saubere Energie liefert eine Anlage“, sagt Martin Gerhardt, Leiter des Offshore-­Wind-Pro­dukt-Managements bei Siemens Gamesa. Lange wird der Rekord nicht währen. Die vier Großen der Offshore-Windradbranche – neben dem deutsch-spanischen Unternehmen Siemens Gamesa sind das Vestas aus Dänemark, GE Renewable Energy aus den USA und Mingyang Smart Energy aus China – liefern sich einen harten Wettkampf um die mächtigste Mühle. Gewinner ist in jedem Fall die Umwelt. ­Zusammen mit Fotovoltaikanlagen und Wasserkraftwerken tragen die Windräder maßgeblich zur weltweiten Energiewende bei.

Die Leistungsdaten der aktuellen Anlagen waren vor ein paar Jahren noch undenkbar. Die Windmühle von Siemens Gamesa in Østerild leistet 14 Megawatt, in Spitzen sogar 15. Vestas will noch in diesem Jahr ein Modell vorstellen, das 15 Megawatt im Dauerbetrieb schafft. Doch um die riesigen Rotoren anzutreiben, braucht es sehr viel Wind – und den gibt es vor allem auf dem Meer. „Wir müssen die Offshore-­Windkraft zum Rückgrat der Dekarbonisierung machen“, sagt Siemens-Gamesa-Manager Gerhardt. Das ist alles andere als leicht. Das hohe Gewicht der Anlagen, die gewaltigen Fliehkräfte und die raue Umwelt auf hoher See stellen enorme Anforderungen an Kon­struktion und Materialien. Darüber hinaus müssen Offshore-Anlagen besonders robust sein. Reparaturen auf See sind kompliziert und sehr teuer. Am besten rotieren die Riesen wartungsfrei.

Solche Ansprüche lassen sich nur mit fundierter Forschungsarbeit bewältigen. „Nehmen Sie nur die Rotorblätter, sie werden immer größer“, sagt Christian Schmidt, der bei Evonik die Business Line Crosslinkers leitet. „Das bringt nicht erst bei Transport und Aufbau neue Herausforderungen mit sich, sondern schon in der Herstellung. Dafür haben wir maßgeschneiderte Produkte entwickelt.“

Mehr als 100 Meter lang sind die Formen, in denen wie hier bei Vestas in Dänemark die Rotoren der großen Windkraftanlagen gefertigt werden.

Rotorblätter sind inzwischen technische Hochleistungsprodukte aus verschiedenen Materialien. Die meisten von ihnen werden in zwei Halbschalen gefertigt. Die Blatt­hälften bestehen aus mit Vestamin IPD getränkten Glasfasermatten. Dieses Harz sorgt für die erforderliche mechanische Stabilität der Rotorblätter und für eine lange Lebensdauer im fertigen Flügel. Die Lebensdauer dieser Composite-Konstruktion lässt sich erhöhen, indem Siliziumdioxid-­Partikel direkt auf die Matten aufgebracht oder dem Infusionsharz beigemischt werden. Legt man 2.500 dieser von Evonik entwickelten winzigen Teilchen namens Nanopox übereinander, sind sie so dick wie ein menschliches Haar. So verstärkt, werden die Rotorhälften mit Stegen aus Carbonfasern verbunden. Dabei entstehen Hohlräume, die ausgeschäumt werden. Entscheidend ist hier vor allem das Gewicht. Evonik hat den Strukturschaum ­Rohacryl entwickelt, der mit minimaler Harzaufnahme und geringer Dichte maßgeschneidert für die Anforderungen der Windindustrie ist und so Designs ermöglicht, die Gewicht einsparen.

Giganten im Test: Im dänischen Østerild werden an Land die Offshore-Windanlagen verschiedener Hersteller mehrjährigen Prüfungen unterzogen.

Giganten im Test: Im dänischen Østerild werden an Land die Offshore-Windanlagen verschiedener Hersteller mehrjährigen Prüfungen unterzogen.

Kleber ist bei den gigantischen Rotoren jede Menge im Spiel. Denn letztlich werden die beiden Hälften über die volle Länge verklebt. Bei Maßen von bis zu 200 Metern eine technische Hürde: „Früher wäre der zuerst aufgebrachte Kleber schon ausgehärtet, während am anderen Ende noch aufgetragen wird“, sagt Evonik-Manager Schmidt. „Wir lösen dieses Problem, indem wir mit einem speziellen Härter die Gel-­Phase verlängern, in der der Kleber noch nicht aushärtet.“ Extrem wichtig für die Haltbarkeit: Schließlich hält der Kleber nicht nur die beiden Hälften zusammen, sondern quetscht sich auch in produktions­bedingte kleine Spalten und Ritzen und dichtet den Rotor so hermetisch ab.

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MIT 400 SACHEN DURCH DIE LUFT

Fehlt noch der Lack. Stürme, Hagel, Sand und Salz in der Luft – vor all diesen extremen Einflüssen sollen die Rotoren gut geschützt sein. Hier setzen viele Hersteller auf Lackierungen, in denen pyrogene Kieselsäuren von Evonik enthalten sind. Sie sorgen dafür, dass die schützende Farbe gleichmäßig dick aufgetragen werden kann. Zudem kommen dort spezielle Vernetzer zum Einsatz, die die Trocknung der Lacke beschleunigen und sie unempfindlicher gegen Wettereinflüsse machen.

Logistische Meisterleistung: Das Rotorblatt eines Siemens-Windrads wird per Spezialtransporter zum Einsatzort transportiert.

Vor allem Ecken und Kanten der Blätter sind kritische Zonen. Die in Drehrichtung vorn liegende Kante, die sogenannte Leading Edge, schneidet an der Spitze mit bis zu 400 Kilometern pro Stunde durch die Luft. Daher wird dort ein schaumstoffartiger Schutz aus Polyurethanpolstern aufgetragen. Additive aus dem Baukasten von Evonik sorgen für die richtige Struktur. Ohne die Schutzpolster wären die Rotorblätter in kürzester Zeit beschädigt.

Doch auch die sorgfältige und technisch anspruchsvolle Herstellung kann nicht vermeiden, dass die Rotoren extrem be­lastet werden. Ein mehr als 100 Meter langes Rotorblatt biegt sich bei einer Sturmbö um mehrere Meter. Dies geschieht über die vielen Jahre der Nutzung hinweg immer und immer wieder. „Es wäre der Anfang vom Ende eines Rotors, wenn bei ­solchen Biegungen die schützende Lackschicht rissig würde“, sagt Christian Schmidt. „Unser spezieller Vernetzer namens Vestanat IPDI steckt in vielen Lacken und gibt den Harzen gleichzeitig Stabilität und Flexibilität.“ Nur so können die neuen Größenrekorde bei den Rotoren umgesetzt werden, zeigen auch die Tests in Dänemark.

Nicht nur dort müssen die Offshore-Riesen funktionieren. Rund um den Globus entstehen zurzeit Windparks auf dem Meer. Allein 2021 stieg die weltweit produzierte Menge an Offshore-Windkraftstrom um mehr als 25 auf insgesamt 130,6 Terawattstunden. Die Siemens-Gamesa-Anlage, die derzeit in Dänemark getestet wird, soll im Windpark Sofia auf der Doggerbank vor der Nordostküste Großbritanniens zum Einsatz kommen. Von 2024 an werden hier insgesamt 100 Exem­plare installiert mit einer Gesamtnennleistung von 1,4 Gigawatt – das entspricht der Leistung eines Atomkraftwerks. In unmittelbarer Nachbarschaft sollen auf dieser Untiefe, die Großbritannien mit dem europäischen Kontinent verbindet, weitere Projekte umgesetzt werden.

SCHWIMMENDE FUNDAMENTE

Solch vorteilhafte Bedingungen mit Wassertiefen von stellenweise nur 13 Metern sind global gesehen eher die Ausnahme und finden sich vor allem in Europa sowie vor der nordamerikanischen und chinesischen Ostküste. Anderswo fällt der Meeresboden meist steil ab, sodass schon in wenigen Kilometern Entfernung vom Land eine Tiefe von mehr als 60 Metern erreicht wird. Dies gilt als die Grenze, bis zu der ein Windrad mit herkömmlichem Fundament gebaut werden kann. „Diese Gebiete mithilfe von schwimmenden Anlagen zu erschließen wird der nächste große Schritt sein, um das Potenzial der Windkraft weltweit zu heben“, sagt Offshore-Experte Gerhardt.

Schwimmende Windkraftplattformen wie das TetraSpar sollen der Offshore-Windkraft zum weltweiten Durchbruch verhelfen.

Schwimmende Windräder? Eine Vorstellung, die angesichts der Höhe und des Gewichts der Giganten abstrus erscheint. Verschiedene Konzepte werden jedoch bereits erprobt: zum einen solche, bei denen jedes Windrad auf einer Art riesiger Boje unter Wasser steht. Diese ist im oberen Teil mit Luft gefüllt, um Auftrieb zu haben, und hat im unteren ein Gegengewicht zum Windrad. Solche Konstruktionen kommen seit gut vier Jahren in einem Windpark rund 25 Kilometer vor der schottischen Küste zum Einsatz. Aufgrund ihrer Größe lassen sie sich nur auf hoher See zusammen­bauen.

»Größe bringt neue Herausforderungen beim Bau der Rotorblätter.«

CHRISTIAN SCHMIDT, LEITER DER EVONIK-BUSINESS-LINE CROSSLINKERS

Anderswo dienen als Grundlage relativ flache Auftriebsplattformen, die mit Drahtseilen am Meeresgrund befestigt werden. Sie sind bei der Montage allerdings instabil, und die Seile sind starken Belastungen ausgesetzt. Vielversprechend ist ein Projekt, das die Konzerne Shell aus den Niederlanden, Tepco aus Japan, RWE aus Deutschland und Stiesdal aus Dänemark in Norwegen vorstellten. Die Konstruktion namens TetraSpar besteht aus den gleichen stählernen Elementen wie die Windradmasten. Diese sind günstig zu fertigen, lassen sich mit den vorhandenen Maschinen bearbeiten und können bestehende Logistik­wege nutzen. Unter der schwimmenden Plattform befindet sich ein dreieckiges Gewicht, das erst am Bestimmungsort der Anlage abgesenkt und anschließend am Meeresboden verankert wird. So ist es möglich, das Windrad schon im Hafen aufzusetzen und fertig montiert an den Bestimmungsort zu schleppen. Seit Dezember läuft eine Versuchsanlage in 200 Meter tiefem Wasser vor Norwegen.

Im Normalbetrieb werden diese Stahlkonstruktionen viele Jahre im Salzwasser schwimmen, ohne einen neuen Anstrich zu bekommen. Ein Lackadditiv von Evonik dient daher in den Anstrichen als Barriere vor dem Salzwasser. „Anders als etwa ein Schiff, das ins Trockendock kann, müssen die Unterkonstruktionen von Windrädern für die gesamte Laufzeit der Anlage durchgehend im Wasser bleiben“, erklärt Chris­tian Schmidt, „und das sind Jahrzehnte. Zugleich schützt die Beschichtung auch vor mechanischen Belastungen, wie sie etwa bei der Montage oder beim Anlegen von Serviceschiffen entstehen.“

SCHWELLENLÄNDER PROFITIEREN

Die neuen Möglichkeiten bei Offshore-Anlagen machen die Nutzung der Windkraft auch für Staaten attraktiv, die bislang keinen Zugang zu erneuerbaren Energiequellen haben. Die Internationale Energieagentur (IEA) und die Internationale Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) rechnen mit einer enormen Steigerungsrate bei der Strom­erzeugung mittels Offshore-Windanlagen. Bis 2050 könnte die Kapazität weltweit auf 2000 Giga­watt anwachsen. Ende 2020 waren es nur etwas mehr als 35 Gigawatt.

Als Treiber dieser Entwicklung werden insbesondere die schnell wachsenden Entwicklungs- und Schwellenländer gesehen, die sich vom Import fossiler Energieträger unabhängig machen und Strom günstiger als bislang erzeugen können. Der Global Wind Energy Council (GWEC), ein Zusammenschluss von 1.500 Akteuren des Wind­energiemarkts aus 80 Ländern, sieht ein großes Potenzial für die jeweilige regionale Wirtschaft. Denn Windkraftanlagen bestehen aus sehr großen Elementen, bei denen sich ein Transport über weite Strecken nicht lohnt. Bei der Montage vor Ort und später bei der Wartung entstünden somit viele qualifizierte Arbeitsplätze.

Doch natürlich haben auch die großen Wirtschaftsmächte die Zeichen der Zeit erkannt. In den Vereinigten Staaten kündigte im Oktober 2021 die Regierung ein Programm zum massiven Ausbau der Offshore-Windkraft an. Es soll grüne Energie für zehn Millionen Haushalte und 77.000 neue Jobs in der Windbranche bringen. Sowohl am Golf von Mexiko als auch an der US-Ost- und Westküste sollen insgesamt sieben riesige Offshore-Windparks entstehen und die Wirtschaftszentren entlang der Küste versorgen. „Wir stehen an einem Wendepunkt für die Entwicklung der heimischen Off­shore-Windenergie“, sagt die amerikanische Innenministerin Deb Haaland. „Wir müssen diesen Moment nutzen.“ Die Ziele gelten als ambitioniert. „In der westlichen Hemisphäre hat es bei Offshore-Windkraft noch nie etwas Derartiges gegeben“, sagte Mike Jacobs, Energieanalyst bei der Union of Concerned Scientists. Bis heute gibt es in Amerika ganze sieben Offshore-­Windturbinen – fünf in einem Windpark vor Rhode Island und zwei weitere, die als Testanlagen in Virginia errichtet wurden. Bonnie Tully, die die Geschäfte von Evonik in den USA leitet, rechnet jetzt mit einem deutlichen Impuls für die größte Volkswirtschaft der Welt: „Die Windenergie wird ziemlich dynamische Auswirkungen haben. Sie hilft, die Kosten bei Lieferketten, Produktion und Bau niedrig zu halten.“

Windpark in der Deutschen Bucht: Offshore-Anlagen ermöglichen eine bessere Windausbeute und beeinträchtigen die Umwelt weniger als Kraftwerke an Land.

Windpark in der Deutschen Bucht: Offshore-Anlagen ermöglichen eine bessere Windausbeute und beeinträchtigen die Umwelt weniger als Kraftwerke an Land.

AUFBRUCH IN CHINA

Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht China setzt schon länger auf Windkraft, die installierte Leistung ist doppelt so hoch wie in den USA. Jahr für Jahr bricht die Volksrepublik neue Ausbaurekorde. Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Bloomberg baute China allein im Jahr 2020 rund 58 Gigawatt zusätzliche Windkraftleistung auf, das war mehr als die Hälfte aller weltweit neu in Betrieb gegangenen Anlagen. Entsprechend bedeutsam ist die heimische Windkraftbranche. Sieben der größten zehn Windradbauer kommen aus dem Reich der Mitte.

Evonik reagierte früh auf das Wachstum und eröffnete 2014 eine Isophorondiamin-­Anlage in Schanghai. Mit der Isophoron-Chemie hat das Unternehmen aber schon viel Erfahrung. Sie ist bereits seit 60 Jahren im Einsatz und die wesentliche technologische Grundlage dafür, dass die Materialien in den Windrädern nicht brüchig oder spröde werden. Heute stellt Evonik Isophoron-­Produkte auf drei Kontinenten her: Außer in der Anlage in Schanghai werden sie an den deutschen Standorten Marl und Herne, im belgischen Antwerpen und am größten US-Standort in Mobile, Alabama, produziert – seit Kurzem erstmals auch auf Basis nachwachsender Rohstoffe: Evonik hat ein Verfahren entwickelt, bei dem da­raus das Vorprodukt Aceton hergestellt werden kann. Dies gehört zu den „eliminate CO₂“-Massenbilanzverfahren, mit denen bei Evonik fossile Kohlenstoffe durch regenerative oder recycelte ersetzt werden sollen.

»Die Windkraft wird dynamische Auswirkungen auf die US-Wirtschaft haben.«

BONNIE TULLY, EVONIK NORDAMERIKA

Iris Zhen, die für Evonik von Schanghai aus die Crosslinkers-Geschäfte für China und Südostasien leitet, erwartet weiteres Wachstum: „China will bis 2060 kohlen­stoffneu­tral werden. Der erste Schritt dazu ist, den Großteil des Stroms aus emissionsfreien und erneuerbaren Quellen zu erzeugen und so den Übergang zu nachhaltigen und sauberen Energiequellen und zu einer CO₂-freien Wirtschaft zu schaffen.“ Auch sie rechnet damit, dass die Windenergie in einer sauberen Energiezukunft eine entscheidende Rolle spielt, und erwartet, „dass Asien, vor allem China, die weltweite Windenergiebranche weiterhin dominieren wird“.

EIN ZWEITES LEBEN FÜR ROTOREN

Dass CO2-frei erzeugter Strom aus Windkraft der Umwelt dient, steht außer Frage. Doch wie ist es um die Haltbarkeit der Wind­räder bestellt und um ihre Entsorgung? „Unsere Windturbinen werden für eine Lebensdauer von mindestens 25 Jahren ausgelegt“, sagt Siemens-Gamesa-Manager Gerhardt. Vor allem die Rotorblätter bestimmen, wie langlebig eine Anlage ist. „Hier haben wir mit neuen Konzepten und Werkstoffen Fortschritte gemacht, die die Haltbarkeit unter den harschen Offshore-Bedingungen erheblich verbessert haben.“

Das Recycling sei bei Stahl, Beton und Metallen schon heute kein Problem, so der Windexperte. Schwieriger gestaltet sich die Wiederverwertung beim Rotorblatt. Der Flügel besteht aus einem Materialmix aus Kunststoff- und Carbonfasern sowie Balsaholz, die sich schwer voneinander trennen lassen. „Vor Kurzem ist es uns jedoch gelungen, mit dem RecycableBlade erstmals ein wirklich grünes Rotorblatt für den Offshore-Bereich auf den Markt zu bringen“, sagt Gerhardt.

Die Creavis, die strategische Innova­tions­einheit von Evonik, arbeitet in dieselbe Richtung und bündelt jetzt die Exper­tise aus verschiedenen Geschäftsbereichen, um die Windkraft zum Teil der Kreislaufwirtschaft zu machen. Schon jetzt ist etwa der Strukturschaum Rohacryl wiederverwendbar. Martin Gerhardts Zukunftspläne könnten somit Realität werden: „Unser Ziel ist es, 2040 nur noch Turbinen zu bauen, die vollständig recycelbar sind.“ Dann würden sich nicht nur die riesigen Rotoren möglichst lange im Kreis drehen, sondern auch die Materialien, aus denen sie gemacht sind.

Höher, größer, stärker: Von 1990 bis 2024 – wie sich die Leistungsdaten moderner Windanlagen entwickelt haben

Vor etwa 30 Jahren waren die Windräder kaum so hoch wie das Brandenburger Tor in Berlin. Inzwischen wirkt es, als seien der Höhe der Türme, den Durchmessern der Rotorblätter und der erbrachten Leistung nach oben keine Grenzen gesetzt: Bis zu 200 Meter ragen die Anlagen in den Himmel und versorgen uns mit so viel Energie wie nie zuvor. Wie hat sich das Windrad seit 1990 entwickelt – und was können wir für die Zukunft noch erwarten?

Fotos: Getty Images (2), Siemens Gamesa, Vestas Wind Systems A/S (2), Arnt Vad Jensen / BMS, TetraSpar Demonstrator ApS (2), Evonik Industries (2)
Infografiken: Maximilian Nertinger (6)
Illustration: Oriana Fenwick / Kombinatrotweiss mit Fotovorlage von Karsten Bootmann  / Evonik Industries
Film: Evonik Industries

 

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